Anuschka Zuckowski: Das Interview
Für Anuschka ging am 20. März 2009 ein Traum in Erfüllung, den sie lange vor sich hergeschoben, manchmal ein bisschen verdrängt, aber in den letzten zwölf Monaten davor mit ganzer Kraft, viel Energie und noch mehr Talent umgesetzt hat: Ihr erstes Soloalbum erscheint. Für Musik für Dich trafen wir uns mit ihr zu einem offenen Gespräch über ihre Texte, ihre Musik, die Anregungen und Inspirationen für ihre Lieder und den Start in einen ganz neuen Lebensabschnitt
Nun liegt es vor dir, dein erstes eigenes Album mit einem wunderschön gestalteten Booklet mit allen Songtexten und vielen Fotos von dir. Bist du zufrieden?
Ja, ich bin sehr stolz und glücklich. Vor allem natürlich mit der Musik, aber auch mit der hochwertigen Optik des Booklets und den Fotos, auf denen ich mir selbst richtig gut gefalle. Ich durfte mit einem tollen Fotografen arbeiten und habe es, ehrlich gesagt, sehr genossen, perfekt gestylt und in Position gerückt zu werden.
Mit Universal ist es dir gelungen gleich für dein Debutalbum eine Major Plattenfirma für dich zu gewinnen. Was kommt alles auf dich zu, jetzt, wo du bei einem so großen Label unter Vertrag bist?
Ich hatte mir die Plattenindustrie immer anders vorgestellt, umsatzorientierter und weniger menschlich. Doch ich habe das genaue Gegenteil kennen gelernt und bin positiv überrascht. Auch in so einer großen Firma arbeiten ganz normale, nette Menschen, die mich als Künstlerin toll betreuen und mir ein großes Mitspracherecht einräumen. Natürlich soll mein Album erfolgreich sein, aber mir wird nicht das Gefühl gegeben, innerhalb von wenigen Wochen die Charts anführen zu müssen. Man hat erkannt, dass meine musikalisch ausformulierten Gedanken einer Mutter auch über einen längeren Zeitraum Frauen und Familien ansprechen können.
'Am Anfang der Zukunft' heißt deine erste CD, auf der vor allem Themen rund ums Eltern und Familie sein im Vordergrund stehen. Woher kam die Inspiration für die Texte?
Die Anregungen kamen meist aus dem Alltag mit meiner Familie und Gesprächen mit Freundinnen. Manchmal habe ich vormittags hochkonzentriert auf meiner Gitarre gespielt, Harmonien notiert und meine Gedanken in einzelnen Textzeilen festgehalten. Oder mir kam im Auto eine spontane Idee und ich habe sie mir aufs Handy gesungen. Das Lied 'Königreich' aber ist schon vor Jahren ganz spontan beim Spielen mit meinem Sohn entstanden.
Wie würdest du deinen Stil beschreiben? Hast du musikalische Vorbilder?
Ich mache melodiöse, deutsche Popmusik, mit deutlichem Fokus auf Texte, in denen sich die Gefühlswelt einer Mutter wiederspiegelt. Mein Bruder Alexander und Robin Grubert haben als Produzenten für viele Songs einen ganz tollen, eigenen Groove gefunden, der auch die ernsteren Themen leicht erklingen lässt. Gemeinsam haben wir ein ganz eigenes Klangkonzept gesucht und es irgendwo zwischen Carla Bruni, Nora Jones und Dido gefunden. Alle drei Interpretinnen zeichnet aus, dass ich sie sehr gut eine Stunde und länger und immer wieder hören kann. Ihre Musik lebt sehr vom Klangbild ihrer Stimmen.
Du singst auf deutsch, deine selbst geschriebenen Songs handeln von Zweisamkeit, Familie und auch den Schattenseiten, die das Leben mit kleinen Kindern mit sich bringt. Wie persönlich ist dein Album geworden?
Das Album hat eine klare Chronologie über die erste Verliebtheit, den Kinderwunsch, die Glückseligkeit, wenn das Baby endlich da ist und das manchmal auch sehr belastende Familienleben mit Kindern. Rund 70 Prozent der Texte sind autobiografisch, wer genau hinhört, bekommt schon eine gute Vorstellung davon, was ich fühle und denke. Ganz klar betonen möchte ich, dass das Lied 'Die Versöhnung', das vom Widerfinden eines Paares nach einem Fehltritt handelt, nicht autobiografisch, sondern eine sehr freie Übersetzung aus dem Holländischen ist. Doch ich fand es für mein Album wichtig auch diese Thematik mit aufzunehmen.
Gibt es eine Überleitung von Liedern und Textzeilen deines Vaters zu deinen Stücken?
Ich kenne alle Lieder meines Vaters, bin festes Mitglied seiner Band und habe ihn bei vielen CD-Produktionen unterstützt. Mein Lied 'Die große Freiheit', in dem ich die Multi-Tasking-Fähigkeiten einer modernen Mutter beschreibe, ist in gewisser Weise die Weiterentwicklung seines Songs 'Die perfekte Familie'. Und es ist nicht schwer zu erkennen, dass es sich bei der gesamten CD eigentlich um eine erwachsene Version der Vogelhochzeit handelt.
Also haben wir von dir keine 'Heile Welt'-Lieder zu erwarten, in denen das Leben einer perfekten, glücklichen Familie vorgegaukelt wird?
Nein, denn auch in meiner im Grunde 'heilen Welt' stoße ich doch auch immer wieder an meine emotionalen Grenzen. In dem Lied 'Hinter den Tränen' habe ich die Streitigkeiten, zu denen es zwischen mir und meinen beiden Kindern kommen kann, verarbeitet. Und das ist durchaus selbstkritisch zu sehen. Manchmal wundere ich mich selbst darüber, wie sehr meine Kinder durch ihr Verhalten Reaktionen von mir provozieren können, die mir eigentlich völlig fremd sind. Und wenn es nur eine heftig zugeschlagene Tür ist – eine Unbeherrschtheit, an die mich ein abgeplatzter Lacksplitter anschließend mahnend erinnert.
Du scheust auch vor Tabuthemen nicht zurück. In dem Song 'Tag für Tag' beschreibst du sehr eindrucksvoll deine Gefühle nach einer Fehlgeburt und die verhaltene Freude bei einer erneuten Schwangerschaft nach diesem traumatischen Ereignis.
Ich bin ein sehr offener Mensch der sich nicht in Schweigen hüllt. Als mir das passiert ist, habe ich mit Familie und Freunden ehrlich darüber gesprochen und sehr viel Zuspruch und Trost erfahren. Von vielen Frauen habe ich gehört, dass ihnen das gleiche passiert ist, sie aber nie offen darüber geredet haben. Wenn eines der Lieder auf der CD etwas bewegen kann, dann dieses. Ich würde mir wünschen, dass sich die betroffenen Frauen trauen darüber zu sprechen und eine Fehlgeburt nicht als persönliches Versagen verstehen.
Welche Lieder deines Albums magst du besonders?
Vom Arrangement her 'Die Frage' und 'Visionen'. Bei beiden Liedern haben es Alexander, Robin und Dieter Faber, der mich bei drei Titeln als Arrangeur unterstützte, geschafft ernsten, schweren Themen einen leichten, beschwingten Groove einzuhauchen. Außerdem hänge ich sehr an den von mir komponierten Balladen 'In dir' und 'Hinaus aufs Meer'. Und ganz persönlich bedeutet mir das Lied 'Tag für Tag' sehr viel.
Hat dich dein Vater bei der Entstehung des Albums unterstützt?
Im Booklet steht er als Gesamtverantwortlicher für die Produktion. Er hat meinen Bruder Alexander und mich bei der Entstehung des Albums beraten und mit seiner immensen Erfahrung zur Seite gestanden. Dabei hat er uns aber in unseren musikalischen Stil nicht hereingeredet. Und er hat einen Großteil der finanziellen Verantwortung übernommen, wofür ich ihm sehr dankbar bin.
Inwieweit hat sich dein Leben durch den Start der Solokarriere verändert, was sagen die Kinder dazu?
Meine Tochter bekommt die Veränderungen noch nicht so mit, mein Sohn ist schon sehr viel skeptischer. Durch die vielen Termine, Konzerte und Besuche bei Radiosendern bin ich viel unterwegs. Man muss sich gut organisieren. Meine Mutter, und, wenn er Zeit hat, sehr gerne auch mein Vater, nehmen mir so oft sie können die Kinder ab, Kindergarten und Hort entlasten uns auch. Und an den Wochenenden und abends ist mein Mann zuhause.
Wie egoistisch ist die Entscheidung parallel zu einem ausgefüllten Familienleben auch noch eine musikalische Solokarriere zu starten?
Das ist schon eine ganze Portion Selbstverwirklichung und Egoismus. Aber mein Mann, der Musik vor allem gerne anhört, wusste immer, dass er eine Frau geheiratet hat, deren Leben fest mit der Musik verknüpft ist. In dieses Projekt habe ich ganz viele positiven Energien gesteckt, und das kommt auch der Familie zu Gute. Ich habe einen Traum realisiert der seit Jahren in mir reifte.
Hier gehts zum Interview mit ihrem Bruder Alexander Zuckowski